Frieden

Man kann viel über Frieden philosophieren, über die angebliche von Grund auf fehlende Friedfertigkeit von Menschen und über spirituelle Voraussetzungen für Frieden. Wir können hier reden über "erst einmal am eigenen Hof kehren, bevor man von anderen etwas erwartet" und so weiter. Wir könnten hier auch lange über das "Wassermannzeitalter" reden und über die (faktisch ja erkennbaren Tendenzen zur) Auflösung der Nationalstaaten. Diese Sichtweisen dienen jedoch dazu, eine Realität scheinbar zu plausibel zu beschreiben, ohne die tatsächlichen Verantwortlichkeiten anzuerkennen und die Möglichkeiten zu sehen, Unheil von dieser Welt abzuwenden.
Ich will hier aber über die direkte politische Verantwortung und den Einfluss des einzelnen Bürgers reden. In einem Staat oder in Verbindungen von Staaten, in welchen der Bürger einerseits nur zum Schein und andererseits doch auch faktisch fast die gesamte Macht über die Geschicke des Staates hat. Über diese Zusammenhänge wurde bereits auf "Demokratie" einiges gesagt.

Die gesamte Welt befindet sich nach der Jahrtausendwende vermutlich in wachsender Kriegsgefahr.
Zu dieser Gefahr trägt mit Sicherheit auch das Verhalten aller Bürger dieser Erde, insbesondere der reichen Bürger bei, indem wir reichen Bürger dieser Erde durch unseren Lebenswandel ohne Notwendigkeit eine Knappheit an Ressourcen zur Ernährung, zur Energieversorgung, zum Leben herbeiführen.
Dieses Verhalten ist jedoch nicht ursächlich für die massive Aufrüstung der Nato-Staaten und anderer Mächte dieser Erde und für die Wandlung der europäischen Militärdoktrin, welche zunehmend militärische Einsätze im europäischen Interesse (was immer das auch heiße) und sogar zur Sicherung der Rohstoffversorgung (in fremden Ländern) legitimieren will. Ferner sind in Europa massive Bestrebungen erkennbar, die Entscheidung für militärische Einsätze unabhängig von parlamentarischer Kontrolle zu ermöglichen. Diese Entwicklungen entbehren jeglicher demokratischer Ursache und weitgehend auch jeglicher demokratischer Legitimation, da ein gesellschaftlicher Diskurs über diese Entwicklungen nicht stattfindet und insofern diese Veränderungen von der Mehrheit der Bevölkerung nicht gewünscht wird. Diese Entwicklungen stehen im Widerspruch zum Völkerrecht als Gesellschaftliche Vereinbarung zwischen Staaten und dem deutschen Grundgesetz. Sie dienen keinem Staatsinteresse, sondern sie schaffen ein Klima der Unsicherheit und Unstabilität. Sie implizieren einen Anspruch der Bürger der reichen Länder auf Bedürfnisbefriedigung, welcher über der nationalen Souveränität von rohstoffreichen Ländern stünde und welcher darüber hinaus sogar über dem Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit in diesen Ländern stünde, da militärische Einsätze zur Sicherung der krankhaften Bedürfnisbefriedigung vorgesehen seien.
Faktisch postulieren jedoch nicht die Bürger dieser Länder aktiv diesen Anspruch, sondern vermutlich betreiben die selben Interessengruppen, die unsere Abhängigkeit von den Rohstoffen wünschen, auch die rücksichtslose Exploration von Ressourcen in aller Welt und sie bedienen sich dabei der Hilfe von uns gewählter Politiker und sie verstecken ihre Interessen hinter unseren Bedürfnissen. Das Geschehen vollzieht sich in "unserem Namen"!

Aber was interessiert uns das seltsame und scheinbar etwas eigenmächtige Handeln von Politikern (und von schwer identifizierbaren Interessengruppen)?
Es sollte uns aus zweierlei Gründen interessieren:

  • Vor wenigen hundert Jahren haben uns die Kräfte der "Aufklärung" die Staatsform der Demokratie beschert. Daher sind wir unmittelbar gefordert, sobald Politiker unseren Willen ignorieren, wenn sie das Grundgesetz ignorieren und insbesondere, wenn sie unsere Sicherheit und den Frieden gefährden. Wir sollten uns von der Notwendigkeit des Handelns auch nicht ablenken lassen, wenn die Medien die Probleme scheinbar ignorieren. Die Medien spiegeln nicht immer die Meinung der Bevölkerung wieder. Die Meinung der Bürger hat weiterhin hohes Gewicht, sie ist ja selbst in Diktaturen Gegenstand größter Bemühungen in Form von Zensur und Manipulation, welche die Bedeutung der Volks-Meinung dokumentieren.
  • Die Politiker, die aufrüsten lassen, mit aggressiven und rücksichtslosen Militärdoktrinen und mit Kriegseinsätzen Leid über die Welt und über unser Land bringen, tun dies nicht nur auf ihre eigene Kappe, sondern sie tun dies in unserem Namen. Selbst wenn wir mit unserem Handeln keinen EInfluss auf die Geschicke der Welt ausüben könnten, so könnte es doch in unserem Interesse liegen, öffentlich wahrnehmbar auszudrücken, dass all dies nicht in unserem Namen geschieht. Dieser Ausdruck hätte eine wirkungsvoll reinigende Wirkung für unsere Seelen.

Wenn die Welt wenigstens wahrnehmen könnte, dass die Politiker eines Landes sichtbar gegen den Willen des Volkes handeln, dann hätte die Welt ein ganz anderes Vertrauen in das Land als ganzes. Stellen Sie sich vor, die Welt hätte 1933 bis 1945 wahrnehmen können, dass das deutsche Volk Hitlers Kriege und die Judenverfolgung nicht wollen. Dann hätte die Geschichte von Deutschland einen vollkommen anderen Geschmack. Dann hätten sich auch die Soldaten nicht "für das Vaterland" aufgeopfert und die gesamte Kriegsführung wäre wesentlich erschwert gewesen. Natürlich wäre im Faschismus von damals eine derartige Meinungsäußerung gefährlich gewesen.
Aber heute ist sie nicht gefährlich. Es ist ja nicht einmal eine öffentliche Demonstration der Bevölkerungsmehrheit erforderlich, um wirkungsvoll die Eigenmächtigkeit des Handelns von Politikern zu demaskieren. Schon Demonstrationen, an denen sich nur 0,25% der Bevölkerung beteiligt haben, haben in der Vergangenheit weltweite Resonanz hervorgerufen und deutlich dokumentiert, dass ein offensichtliches Problem zwischen gewählten Politikern und dem Willen der Wähler besteht.

Die großen Friedensdemonstrationen in Europa während des Irakkrieges haben übrigens auch im arabischen Raum ein hohes Vertrauen geschaffen. Die Araber tun sich schwer, Europa als Feind zu betrachten, trotz der faktischen Beteiligung Europas am "Kampf gegen den Terrorismus", welcher ja faktisch ein Raubzug für Energie und Macht ist. Das liegt an der (zaghaften) Verweigerung der Europäischen Bevölkerung für die Unterstützung der Kriege in Form von Demonstrationen.

Der immaterielle Schaden, den ein Krieg verursacht

Die Märchen, in denen der Teufel die Seele abkaufen will, sind in verschiedenster Form weithin bekannt. Wenn dieses Märchen irgendeine Relevanz für unser Leben haben sollte, so könnten wir und auch fragen, welche Bedeutung es für Kriege haben könnte.
Immer wieder hören wir diese Redewendung, es gäbe Kriege, solange es Menschen gibt. Wer sich mit der offiziellen Geschichtsschreibung nicht alleine zufrieden gibt, weiß, dass zumindest hinter den Kriegen des letzten und des aktuellen Jahrhunderts handfeste "wirtschaftliche" oder politische Interessen standen, dass selten das Volk direkt für einen Kriegseintritt eintrat und dass fast alle Kriegserklärungen von massiver Falschinformation und medialer Agitation begleitet waren. Und doch gab es am Ende selten Kriege, die gegen einen offensichtlichen und massiv artikulierten Willen in der Bevölkerung gestartet wurden. Kann es sein, dass hinter den zahllosen Kriegen in der Geschichte auch Kräfte standen, deren Wirtschaftliche Interessen oder Interessen an Macht gar nicht alleine standen. Kann es sein, dass es auch ein Interesse an einer bewussten seelischen Schädigung ganzer Völker bestand? Das ist eine Frage und keine Antwort, denn die Vorstellung, dass Personen irgendeinen Nutzen an der Schädigung von Seelen haben könnten ist genauso befremdend wie die Idee, dass eine Figur "Teufel" Seelen kaufen könnte und sich an den geschundenen Seelen laben könnte. Im Gegensatz zu dieser relativ Vagen Idee eines Interesses an der Schädigung von Seelen ist jedoch die faktische Schädigung von Seelen in Kriegen Realität. Wer sich mit der Verfassung von Kriegsveteranen befasst, weiß, wie schwer belastet diese Menschen sind, die entweder immer wieder die alten Geschichten erzählen oder über bestimmte Ereignisse vollständiges Schweigen bewahren und jede Auskunft verweigern. Menschen, die im Krieg die Gewalt erlebt haben, sind vollständig verändert, unabhängig davon, ob ihr Land siegreich war oder nicht.

Gelockt werden die Soldaten mit Verheißungen von Glanz, Geld und Abenteuer, welche mit der Gewalt der Kriege nicht zu tun haben. Die Entscheidung, in die Armee einzutreten hat selten etwas mit dem Bedürfnis zu töten zu tun, sondern sie geschieht meist aus materieller Not und Geltungsbedürfnis. Ihre Seelen verkaufen die Soldaten faktisch in dem Moment, in dem sie tatsächlich in den Krieg ziehen, denn die Lebensfreude von Menschen, die getötet haben, ist stark beeinträchtigt und, glaubt man religiösen Darstellungen, können solche Menschen sogar im Leben nach dem Tod oder in weiteren Leben kaum noch die selbe Freude erfahren.

Sicher nicht in dem selben Maße wie die Soldaten, aber immer noch wahrnehmbar nehmen auch Menschen, die als Teil der Bevölkerung mit Ihrer Stimme, mit ihrer Meinung oder auch nur durch ihr Schweigen das kriegerische Engagement ihres Staates mit tragen, unterstützen oder auch nur dulden, einen seelischen Schaden, indem Sie mit Verantwortung für den Mord an unschuldigen Menschen übernehmen.

Ein Engagement für den Frieden und eine klare Absage an den Krieg und insbesondere jegliche Kampfhandlung, die nicht unmittelbar der Verteidigung dient und somit annähernd den Charakter von Notwehr hätte (ich unterstelle, dass der seelische Schaden im Falle von echter Notwehr geringfügig geringer ausfallen könnte) ist somit eine Frage des persönlichen Glücks, der seelischen Hygiene.

Wer sich für Frieden einsetzt, findet somit bereits alleine durch sein Engagement und die artikulierte Absage an Gewalt und Krieg selber sehr viel von seinem Frieden zurück. Frieden ist somit nicht alleine die Frage, ob es gelingt, weltweite Kampfhandlungen zu verhindern oder einzuschränken, sondern jeder Mensch kann für sich selber zu Frieden finden, den ihm kein Mensch wegnehmen kann, solange er sich nicht aufhetzen lässt oder sich dazu hinreißen lässt, Gewalt zu akzeptieren.

Ich hofe, ich habe Sie mit diesen Zeilen dafür gewinnen können, sich offen für Frieden einzusetzen und somit Ihren persönlichen Frieden zu finden.

Nächste Seite: "Engagement"

Letzte Änderung: 22.08.2010
Ulrich Sommer